Unter der Haut: Expedition ins Innere eines Männerkörpers

Unter der Haut: PETER PRASCHL begibt sich auf Expedition ins Innere eines Männerkörpers. Und entdeckt dabei blühende Landschaften und tiefe Abgründe
Wie es ist, in einem Männerkörper zu wohnen, willst du wissen. Wie es sich anfühlt, morgens mit einer Morgenlatte aufzuwachen und abends mit einer Erektion wegzudämmern, selbst wenn zu Erregungen gar kein Anlaß besteht. Warum es uns so leicht zu fallen scheint, alles von uns abzuschütteln, den Job, den Streß, die Tagesthemen: Als ob euch nichts naheginge, jedenfalls nicht nahe genug, um euch die Laune zu verhageln. Manchmal beneide ich euch darum, sagst du, daß ihr mit euch selbst so aufreizend im reinen seid. Aber viel öfter seid ihr mir unheimlich.
Keine Ahnung. Männer denken nicht darüber nach, wie es ist, ein Mann zu sein. Wieso auch? Niemand zwingt uns dazu. Wir kommen auch so durch. Es genügt vollkommen, wenn wir uns einmal am Tag rasieren und duschen, jede Woche die Fingernägel stutzen und einmal im Monat zum Friseur gehen, solange wir noch Haare haben. Nicht gerade wartungsintensiv, zugegeben. Keine Frau mäkelt, wenn sich bei uns die ersten Falten im Gesicht verschanzen, keine findet uns unattraktiv, wenn wir fünf, zehn Kilo zulegen. Zumindest verschweigt ihr es uns gnädig, um euch nicht schäbig fühlen zu müssen. Ihr gebt euch zufrieden mit dem, was ihr habt. Mit uns. Wenn wir verlassen werden, dann weil wir lügen und betrügen oder weil wir Langweiler geworden sind. Nicht wegen unserer Körper. Also sind sie in Ordnung. Hauptsache, sie funktionieren. Und das können sie um so besser, als niemand sie daran hindert. Wenn ich mich damit martern müßte, ob dir meine Rettungsringe wirklich gefallen oder ob du nur so tust, dann gäbe es garantiert nicht so viele Erektionen.